Im März 1951 erschien in der Lokalpresse ein Artikel über den damaligen Brückenwärter auf der Schleibrücke in Lindaunis Theodor Reimer und seine Arbeit im Brückenturm. Neu für mich war dabei, dass sich der bewegliche Teil der Brücke auch per Muskelkraft nach oben bewegen ließ – ob das heute auch noch gehen würde, kann ich nicht sagen.

Vieles, was in dem Artikel geschildert wird, kommt einem auch heute noch bekannt vor. Hier die wichtigsten Auszüge:
45 Meter über der Schlei
Seit 25 Jahren ist die Eisenbahn-Zugbrücke über die Schlei in Lindaunis in Betrieb und seit 25 Jahren versieht der jetzt 60jährige Bahnbeamte Theodor Reimer seinen Dienst als Brückenwärter. 1925 wurde die alte Eisenbahnbrücke abgebrochen, die Herr Reimer noch mit verladen half, und seitdem steht er Tag um Tag auf dem Brückenturm, ohne den er sich sein Leben nicht mehr vorstellen kann.
Es ist bestimmt kein leichter Dienst in dem Turm über der Schlei. Die sehr schmale Brücke, die von Fahrzeugen jeweils nur in einer Richtung passiert werden kann, erschwert den Dienst noch beträchtlich. Zwar ist der Eisenbahnverkehr etwas zurückgegangen – vor dem Kriege fuhren täglich 24 Züge über die Brücke, heute sind es nur noch 20 – dafür ist der Schiffsverkehr aber stärker geworden. Im Jahre 1947 waren es 3145 Schiffe, für die die Brücke geöffnet werden mußte, 1948 schon 3756. Über 5680 erreichte der Verkehr 1950 seinen bisherigen Höhepunkt mit 5913 Schiffen im Jahr. Vor dem Kriege waren es meist Frachter aus den nordischen Ländern und Kohlenschiffe aus Flensburg, die ihre Fracht nach Schleswig brachten, heute sind es überwiegend Segelboote zum Teil bis aus Norwegen, Holland und England, die auf ihren Fahrten nach Schleswig durch die Brücke wollen.
In den Jahren ihres Bestehens mußte die Brücke zweimal durch menschliche Kraft aufgezogen werden. Das war am Ende des letzten Krieges, als gerade eine größere Anzahl von Schiffen mit Verwundeten an Bord vor der Brücke lag. Acht Mann waren notwendig, um den 85 Tonnen schweren beweglichen Teil hochzudrehen. Der 7,5 PS-Motor braucht wenige Minuten, eine volle Stunde dauerte es, bis die acht Männer die Spitze der Klappbrücke bis auf 45 Meter über dem Schleispiegel hochgekurbelt hatten.
Der starke Schiffsverkehr und die Sicherungen der Brücke verursachen oft große Verkehrsstörungen. Sowie ein Eisenbahnzug einmal die Fahrtzustimmung des Bahnhofes Lindaunis erhalten hat, ist die gesamte Brücke mit den davorliegenden Schranken blockiert. Besonders unangenehm macht sich das bei Güterzügen bemerkbar, die längere Zeit rangieren müssen. Für den Brückenwärter bieten die eingebauten Sicherheitsvorrichtungen allerdings einen großen Vorteil. Ein Unglücksfall ist damit unmöglich gemacht.
Im Winter ist es bei ruhigem Schiffsverkehr oft einsam, im Sommer kennt Herr Reimer dafür keine Langeweile. Wenn bei seiner Arbeit wirklich einmal eine Pause eintritt, dann gibt es auf der Schlei immer wieder Neues zu beobachten. Viel Abwechslung bieten die Anglerflotillen, die, wenn im Mai die Heringszüge in die Schlei kommen, in Rudeln bis zu dreißig Booten vor der Brücke liegen. Oft konnte er Segelregatten beobachten, wie Boote kenterten oder auf einer der Sandbänke in der Nähe der Brücke festsaßen. In den 25 Jahren seiner Tätigkeit ist Herr Reimer mit der Brücke fest verwachsen. Sie gehört gewissermaßen zur Familie.