Bau der Straße zwischen Lindaumühlenholz und der Schleibrücke

Hier der im Bilderrätsel 419 erwähnte Zeitungsartikel aus dem März 1951. Er beschreibt die Schwierigkeiten beim Bau der Verbindungsstraße von Lindaumühlenholz bis zur Lindaunisser Schleibrücke.

Ein alter Wunsch wird Wirklichkeit

Die Straße Kiel – Flensburg wird Angeln erst richtig erschließen

Ueber ein Jahr war der Maschinenschlosser Hans Kreuziger aus Kiesby bereits arbeitslos, als er ganz überraschend, von der Baufilrma Teiß und Will in Kiel als Eisenflechter für den Bau. einer Brücke in Lindaunis eingestellt wurde. Mit dieser Einstellung begann für Kreuziger das Ende des Arbeltslosenelends – für Angeln aber die Erfüllung eines jahrzehntelangen Wunsches, nämlich der Bau einer Verbindungsstraße von Kiel nach Flensburg.

Anfang Juli, 1950 begann man, die alte Brücke über das Noor bei Lindaunis abzubrechen. An ihrer Stelle entstand, allerdings unter beträchtlichen Schwierigkeiten, eine neue 7,70 Meter breite Betonbrücke mit einer Tragfähigkeit von  40 Tonnen. Um die Pfeiler setzen zu können, mußte die ganze Baustelle eingedämmt und trockengelegt werden, da es nicht möglich war, in dem außerordentlich harten Boden Spundwände zu bauen. In einem einzigen Guß wurde in ununterbrochener Arbeit in einer Zeit von 48 Stunden dann der, Pfeiler gegossen. Am 1..November war die Brücke fertig uid da diie Mittel für den nächsten Bauabschnitt noch nicht zur Verfügung standen, trat eine Ruhepause ein, doch Mitte Dezember bereits stand das Geld bereit und der eigentliche Straßenbau begann.

300 Meter waren zu bewältigen

40 Mann wurden eingesetzt, um den zwischen dem Bahnhof Lindaunis und dem Noor etwa 25 Meter hohen Berg in einer Breite von ca. 10 Metern abzutragen. Die zu bewältigende Strecke betrug fast 300 Meter. Zwei Feldbahnzüge schafften den Boden im Pendelverkehr ins Noor. Das war bei dem sehr starken Gefälle keine leichte Arbeit. Herr Kreuziger, der mittlerweile zum Feldbahnlokführer avanciert war, denkt nur mit Grausen an die Zeit, als seine Lok oft von mehreren Männern gestützt werden mußte, damit ein Umkippen verhindert würde.

Am anderen Morgen oft bis 2 Meter abgesackt

suederraetsel_419a Im Berg mußten mehrere Sprengungen vorgenommen werden, weil der Lehm durch den draufliegenden Sand förmlich zu Felshärte zusammengepreßt war. Doch ohne jeden Unfall konnte der Damm unentwegt ins Noor vorgetrieben werden, bis neue Schwierigkeiten auftauchten. Der im Laufe eines Tages im Noor aufgefahrene Damm war am anderen Morgen oft um 2 Meter gesackt. Risse bis zu 80.cm Breite durchzogen die Aufschüttung. Im Noor aber, etwa 20 Meter vom Damm entfernt, tauchten Inseln aus dem Wasser auf. Die. Last der Aufschüttung drückte den Moorboden seitlich fort, wodurch es zu dieser Inselbildung kam. Von den 10000 Kubikmetern Boden, die ins Noor geschafft wurden, sind auf diese Weise etwa 5000 Kubikmeter versunken und mußten neu herangeschafft werden. Uebrigens traten seinerzeit beim Bahnbau die gleichen Schwierigkeiten auf, und es dauert eine geraume Zeit, bis der Eisenbahndamm „zur Ruhe“ kam.

Nach Ostern wird mit der 2. Etappe begonnen

Am Bahnhof Lindaunis wird nun bereits mit der Bettung der Steinpackung begonnen. Aus ganz Schwansen und Angeln werden Feldsteine zusammengefahren. Vier Männer sind ununterbrochen damit beschäftigt, die 1500 Kubikmeter Steine, die für diesen Bauabschnitt benötigt werden, auf die erforderliche Größe zu zerkleinern. Nach Ostern wird mit der zweiten Etappe begonnen. Sie erstreckt sich von der Mühle in Lindaumühlenholz bis zum Noor. Auf dieser Strecke ist ein Moor zu überwinden. Etwa 1000 Kubikmeter Moorerde müssen ausgeschachtet werden. Mit einer Torftrockenpresse wird diese Masse an Ort und Stelle zu Preßtorf verarbeitet und wird helfen, in den umliegenden Orten die schwierige Brennstofflage zu überbrücken.

Wenn alles glatt geht, wird im Oktober dieses Jahres die Arbeit beendet sein. Dan kann die Gemeinde Mühlenholz auf ihren Bürgermeister Sörnsen sehr stolz sein, der durch Notstandsarbeiten dieses Projekt durchführte und damit den Anstoß gab zum Bau der Straße, von der schon Generationen träumten – der Straße von Kiel nach Flensburg, die Angeln und Schwansen dem Verkehr erst richtig erschließen wird.


Ich habe einige weiterführende Kommentare aus dem Bilderrätsel mal hierher verlagert, weil sie im Rätser-Beitrag etwas untergehen.

Hans Carstensen:

Es handelt sich um den Bau einer neuen Straße zwischen dem Bahnhof Lindaunis und Lindaumühlenholz. Hier wird der bereits für die Bahn vorhandene Einschnitt um eine Straßenbreite verbreitert. Übrigens gab es genau an dieser Stelle auf den Gleisen der Bahn im Jahr 1952 oder 1953 einen Zugunfall.

Karl Pusch:

Aus der Preetzer Zeitung „Kurzmeldung BD Hamburg“

30. März 1951
Das Landgericht Flensburg verhandelte gestern im Bahnhofsgebäude von Lindaunis gegen einen 60-jährigen Bundesbahnhelfer. Er hatte am 12. September vergangenen Jahres als Fahrdienstleiter durch falsche Weichenstellung das Eisenbahnunglück in Lindaunis verschuldet. Er wurde wegen fahrlässiger Transportgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung an Stelle von 10 Wochen Gefängnis zu 350 Mark Geldstrafe verurteilt.

Hallo Herr Carstensen,
Sie meinen doch bestimmt diesen Unfall. Nach dem Zeitungsbericht war er am 12.09.50.
Viele Grüße aus Hürup
Karl Pusch

Nun habe ich den Bericht von dem Unfall auch gefunden:

Preetzer Zeitung vom

13. September 1950(Mittwoch)

Auf dem Bahnhof Lindaunis ereignete sich am Dienstagmorgen ein Zusammenstoß, bei dem 17 Personen verletzt und die Lokomotiven und mehrere Personen- und Güterwagen teilweise schwer beschädigt wurden. Der fahrplanmäßig aus Flensburg kommende Personenzug war bei der Einfahrt in den Bahnhof auf einen dort haltenden Nahgüterzug aufgefahren. Nach Feststellungen eines Staatsanwaltes ist die Ursache darin zu suchen, daß der Dienststellenleiter des Bahnhofes die Weichen versehentlich falsch gestellt hatte – die Ermittlungen dauern aber noch an.

Hans Carstensen:

Also war der schlimme Eisenbahnunfall in Lindaunis bereits 1950. Ich kann mich noch gut erinnern, weil ich sofort nach Schulschluß an der Mittelschule Süderbrarup den „Umweg“ über Lindaunis nach Steinfeld mit dem Fahrrad machte. Von dem Unfall erfuhren wir von unserem Mitschüler Kurt Wichmann, der in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof Lindaunis wohnte. Der Vater von Kurt war Rottenführer bei der Bahn.

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