Anfang Dezember war in Süderbrarup früher immer die Zeit des Weihnachtsbazars. An vier bis fünf Tagen gab es dann im Angler Hof ein für damalige Verhältnisse ansehnliches Variete-Programm und in den Nebenräumen und auf der Empore des Angler Hofs hatten Süderbraruper Firmen Ausstellungsstände eingerichtet, auf denen sie ihre Leistungen einem breiten Publikum präsentierten. Der nachfolgende Zeitungsbericht zeigt auch die Vielfalt der Süderbraruper Geschäftswelt Anfang der 50er Jahre.
Sogar Bus-Sonderfahrten aus dem umliegenden Angler Raum waren eingerichtet, um die Besucher nach Süderbrarup und wieder nach Hause zu transportieren.
Zum Weihnachtsbazar 1952 fand man in der Lokalpresse den folgenden Artikel:
5 Tage Weihnachtsbasar in Süderbrarup (8.12.1952)
Sehenswerte Ausstellung der Süderbraruper Firmen – Ein ausgezeichnetes Varieteprogramm
Nach einer jahrzehntelangen Tradition bildet die Eröffnung des Weihnachtsbasars einen der geselligen Höhepunkte des Jahres im Leben Süderbrarups. Auch am Sonnabend herrschte im vollbesetzten Saal des Angler Hofs frohe Feststimmung, als sich der Vorhang nach einer launigen Begrüßung zur ersten Nummer des Variete-Programms öffnete.
Die Verbindung dieser erquicklichen und künstlerischen Darbietungen mit der wiederum sehr beachtlichen Ausstellung der Süderbraruper Firmen garantiert von vornherein den immer wiederkehrenden großen Erfolg des Süderbraruper Basars. Bis einschließlich 10. Dezember wird er nun das Leben des Ortes bestimmen.
Die Ausstellung verdient unumwundenes Lob. Im kleinen Saal des Angler Hofes zeigt die Möbelfirma Bendixen ganze Zimmereinrichtungen in aparter und gediegener Ausführung. Einen eleganten „Olympia“ und die verschiedensten Type von DKW-Motorrädern brachte die Firma Nicolaus Schmidt. Zur rechten Hand hatte „Radio-Schmidt“ eine Anzahl anspruchsvoller Rundfunkempfänger und Musikinstrumente zusammengestellt. Kostbares Markenporzellan zeigte die Firma Julius Dechow. In dem anschließenden Raum eröffnen Blöcker & von der Osten die Reihe der Stände mit hübschen Gardinen und Kissen. Georg Lorenzen wirbt mit Elektrogeräten,
Math. Gerdsen mit auserlesenen Zigarrensorten, Lühr und Meyer mit einer Auswahl verschiedenartiger Stoffe, Töpfermeister Petersen mit Kochherden, Alfred Siemsen mit Spielwaren, das Schuhhaus Bendixen mit Herren- und Damenschuhen und die Drogerie Haase mit einer Vielzahl hübscher Gebrauchsgegenstände vom Lippenstift bis zum Fotoapparat. Der letzte Stand dieser Reihe gehört der Auto- und Fahrradfirma Gebr. Lorenzen. In der dritten Abteilung zeigt das Teppichhaus Nissen gesschmackvolle Gardinen, Läufer und Dekorationsstoffe. Heinrich Matz präsentiert Körbe mit lukullischen Genüssen. Das Kaufhaus Harmening besticht u.a. mit einem entzückenden Ballkleid, und die Handweberei Schundau hat eine vielseitige Schau ihrer gediegenen Erzeugnisse zusammengestellt. Eine schwarzweiße Badezimmereinrichtung der Firma Hennings zog die Blicke der Besucher an. Der Gesamteindruck: Die Süderbraruper Geschäftswelt ist qualitativ und in der Auswahl durchaus auf der Höhe.
Für die Zusammenstellung des wie immer sehr ansprechenden Variete- und Kabarett-Programms hatte die Hamburger Künstleragentur Fritz Grün auch diesmal keine Mühe gescheut. Unter der Leitung von Alff Henke, der als Ansager wie als Parodist und Humorist hervorragend für Witz und guten Zusammenhang sorgte, rollt in drei Abteilungen ein ausgezeichnetes Programm ab, das von der Kapelle Torner wie immer zuverlässig begleitet wird. Die vielen Hunderte, die den Saal zum Eröffnungsabend füllten, wurden bis zur letzten Minute in Spannung gehalten und mit Artistik, Humor und Kleinkunst aufs beste bewirtet. Höhepunkte des Programms bildeten Bob Werth, der Jongleur auf freistehender Leiter, Richards fliegende Trapezaffen, Mandina, eine reizende Balletteuse auf dem Drahtseil, Coras und Corry mit ihrer Paterreakrobatik, die Truppe Bräuer-Belcona mit einmaliger Artistik auf dem Hochrad. Der Luftakt der beiden Brühls mit der sensationellen Zugnummer „der lebende Kreisel“ und ein Wurf- und Schleudertanz des Dorre-Trios. Eine reich ausgestattete Tombola, auf der ein Fahrrad im Hauptgewinn allabendlich wartete, fand wie in jedem Jahr lebhaften Zuspruch.
Da hat den Reporter wohl das schlechte Gewissen geplagt, weil er das Textilhaus Prahm in seinem ursprünglichen Artikel bei der Aufzählung der Aussteller vergessen hatte. Außerdem hat er sich inzwischen informiert, wie die offizielle Schreibweise des Bazars (mit „z“) ist.
Ausklang des Weihnachtsbazars (12.12.1952)
Mittwoch war der letzte „Bazartag“. Noch einmal war Gelegenheit gegeben, das ausgezeichnete Variete-Programm und die geschmackvolle Ausstellung der Süderbraruper Firmen zu bewundern. (Das Textilhaus Nicolaus Prahm, dessen Stand besonderen Anklang gefunden hat, war in unserem Bericht in der Montag-Ausgabe versehentlich „unter den Tisch gefallen“).
Die letzte Veranstaltung des Weihnachtsbazars wies eine ausgesprochen guten Besuch auf. Im Anschluß an den offiziellen Teil fand traditionsgemäß ein Tanzvergnügen statt, zu dem die Kapelle Torner aufspielte.
Mehr über den Süderbraruper Weihnachtsbazar kann man in dem Artikel von Helmut Marxen „Einst beliebt in Angeln: Weihnachtsbazar“ erschienen im Jahrbuch des Angler Heimatvereins Band 61 von 1997 nachlesen.
Hallo,
lieber Admin, liebe Süderbraruper
natürlich stammt dieser Bericht der Presse von 1952, also ganz richtig sieben Jahre nach Kriegsende. Aber der erste Weihnachtsbazar nach Kriegsende war schon wesentlich früher und nebenbei gesagt, er war auch fantastisch.
Ganz besonders das Varieteprogramm. Ich erinnere mich besonders, dass der ganze Saal vom Lied, “ die Fischerin vom Bodensee “ begeistert war. Die Begeisterung wirkte so ansteckend, so dass der an beiden Händen amputierte Vater eines Schulkollegen ( eingeweihte wissen wen ich meine ), aufspringend versuchte Beifall zu klatschen.
Leider und mir unverständlich, wurde dann irgendwann die Fortführung des Weihnachtsbazar beendet. Das kann nicht an der Verringerung der Einwohnerzahl durch den sich verstärkt einsetzende Fortzug der Flüchtlinge gelegen haben, denn der Weihnachtsbazar wurde vor dem Krieg schon zu einer Zeit begründet, wo es noch weniger Einwohner gab. Auch anderes, wie z.B. die Kindergilde, wurde beendet.
Das alles ging einher mit einer so starken baulichen Veränderung des dörflichen Charakter von Süderbrarup, die beiden uralten Bauernhöfe ( Marxenhof und Carstensenhof ) verschwanden, ebenso prägende Dorfgaststätten wurden minimiert oder abgerissen. Sie machten meisten Supermärkten Platz, deren Anblick einem erschauern läßt.
Was anderswo Krieg und Bomben schafften, wurde hier von Menschen erledigt, die sich sonst bei jeder Gelegenheit die Bezeichnung Konservativ und Heimatverbunden in Anspruch nahmen.
Aber das geht mich ja gar nichts an. Da haben Sie recht. Denn wie man sich bettet so liegt man.
Aber als ehemaliger Süderbraruper, bin ich eben traurig über das was ich heute sehe.
Grüße an alle Klaus.
Der erste Weihnachtsbazar nach dem Zweiten Weltkrieg fand in der Tat bereits kurz nach der Wärungsreform im Jahre 1948 statt. Nach einer kurzen Blütezeit bis Mitte der fünfziger Jahre kam dann 1959 das Ende dieser Veranstaltung. Im oben erwähnten Artikel aus dem Jahrbuch des Angler Heimatvereins beschreibt Helmut Marxen die Gründe dafür:
„Das alles änderte sich durch die im Zeichen des bundesweiten Wirtschaftswunders wachsenden Ansprüche. Zuletzt waren es nur noch drei Veranstaltungstage, aber steigende Kosten für Künstler und Musiker bei sinkender Kartennachfrage wurden für den Bazarverein immer deutlicher zu einem finanziellen Risiko. Daran vermochte auch die für den Weihnachtsbazar 1959 auf einen beliebten Hamburger Humoristen ausgerichtete Werbung nichts zu ändern. Die Ankündigung seines Auftritts in Verbindung miit dem Attribut >von Funk und Fernsehen bekannt< lieferte zugleich die Begründung für das nachlassende Publikumsinteresse. Das Fernsehen hatte überall Einzug gehalten, obendrein bot die zunehmende Motorisierung immer mehr Gelegenheit zum Besuch großstädtischer Veranstaltungen. Da blieb den Mitgliedern des Bazarvereins nach glanzvollen Jahrzehnten resignierend nur die Erkenntnis grundlegenden Wandels.“
Hallo, lieber Admin, danke für die umfangreiche Berichte vom Weihnachts-Bazar 1952. In der Tat, es war eine echte „orientalische Weihnachts-Messe“, wobei man(n)/frau heute noch bedenken sollten, dass d i e s e r (von mehreren) erst nach 7 1/2 Jahren nach Kriegsende statt fand. Die Dekorateure (gelernte wie auch ungelernte) haben meisterhafte Arbeiten bewerkstelligt: neben viel „Holz“ für die Aufbauten vor allem „hunderte von Quadratmetern glitzernde Papiere in allen Farben“. Auch viel Silber- und Goldfolien. Und mit vielen unzähligen starken Scheinwerfern angestrahlt. Kein Wunder, dass der Reporter von den Schleswiger Nachrichten am Messestand des Textilhauses Prahm-Boysen vor den „Damen erblindete“ – obwohl diese „keusch“ angezogen waren, also mit Textil-beschützenden Knien. Also wer ist „unter den Tisch gefallen“: der Reporter oder sein Presse-Bericht? Vielleicht werde ich doch wohl recht haben mit dem Süder-Rätsel Nr. 353 mittels meinem Kommentar. Viele Grüße DN.