Bekenntnisse eines Butenbrarupers (von H. Stäcker)

Von Hartmut Stäcker erreichte mich folgender Bericht über seine Erinnerungen an Süderbrarup. Die Fotos zu dem Artikel sind Ausschnitte aus alten Mehrfach-Ansichtskarten, was sich natürlich auf die Bildqualität auswirkt.

Süderbrarup als Dienstleistungszentrum – Bekenntnisse eines Butenbrarupers

Dieser Blog weckt Erinnerungen, obwohl ich meine Kindheit im Nachbarort Boren eher als Trauma bezeichnen würde. Als ich zur weiterführenden Schule in Kappeln ging, hab ich meine Süderbraruper Kameraden beneidet, dass sie in diesem aufregenden Ort leben durften. Außerdem fand ich, dass die süßesten Mädchen in Klassen unter mir aus Süder kamen. Fuhr ich von Boren mit dem Fahrrad in den Ort, strich ich um die Geschäfte der Eltern dieser Mädchen, in der Hoffnung, eines von ihnen zu erblicken.

Was Dienstleistungen betraf, gab es für uns nur Süderbrarup. Mein Friseur über all die Jahre war Salon Carstensen am Ende der Großen Straße. Obwohl ich gern längere Haare gehabt hätte, ging ich gern dort hin. Es roch gut nach Birkenwasser, die Schermaschinen surrten in verschiedenen Tonlagen, und den Friseuren bei der Arbeit zuzusehen machte mir Spaß. Zwei Mark fünfzig kostete Mitte der Sechziger ein Kinderhaarschnitt. Außer diesem Geld gab mir mein Vater noch eine Mark für Hin- und Rückfahrt mit dem Bus. Meistens bin ich, um 50 Pf für mich behalten zu können, die fünf Kilometer zurück gelaufen.

shell Obwohl wir im benachbarten Kiesby eine „Bäckerei und Kolonialwarenhandlung“ hatten, kauften wir außer Milch und Brot dort wenig ein. Der Süderbraruper Kaufmann Goetze mit seinem Geschäft in der Mühlenstraße fuhr über Land, nahm Bestellungen auf und lieferte dann frei Haus. Ob aus Sparsamkeit oder Geiz, meine Eltern nutzten diese Einkaufsmöglichkeit.

In der Holmer Straße, gegenüber dem Friedhof, gab es die Gärtnerei Jankowski. Dort kauften wir alles, was in den Garten gehörte, wurden stets vom Chef, einem großzügigen Ostpreußen, bedient. Kauften wir Kohl-Setzlinge, packte er uns immer etliche zusätzlich ein und sagte dann zu mir: „Und immätichtichjießen, mein Junge!“

An zwei Tankstellen erinnere ich mich. Die eine, Shell, gehörte zum Autohaus Nicolaus Schmidt, die andere, Esso, zur Fahrschule Lorenzen. Bei Letzterem machte meine Mutter ihren Führerschein. Oft ließ Herr Lorenzen sie am Kindergarten vorbeifahren, um seinen Sohn abzuholen, meinen späteren Kappelner Klassenkameraden Hanno.

drogerie_haase Supermärkte und Discounter gab es damals nicht. Tempotaschentücher, Kölnisch Wasser, Seife, dies kauften wir in der Drogerie Haase in der Bahnhofstraße, gleich neben der Post. Und in den Tagen vor Silvester gab es dort Knaller. Um den Ansturm der Kunden für diese saisonbedingten Artikel zu bewältigen, durfte Frau Haases Neffe Kay W., ebenfalls ein späterer Klassenkamerad, ihr helfen.

Ziemlich weit oben in der Schleswiger Straße war die Praxis von Ehepaar Esenwein. Er war praktischer Arzt, seine Frau unsere Kinderärztin, in meiner Erinnerung äußerst tüchtig, freundlich und kompetent.
An die Namen dreier Zahnärzte erinnere ich mich: Pehrs, Larsen und Grobleben. Den Letztgenannten kannte mein Vater aus seiner Schulzeit, so wurde dieser mein „Zahnklempner“.

karl_weiss Über alle Geschäfte zu berichten würde zu weit führen, deshalb zum Abschluss nur noch dies: In der Großen Straße gegenüber dem Angler Hof stand ein Kiosk. Zigaretten und Alkohol gab es dort nicht, sondern ausschließlich Süßigkeiten. Aber die in allen Variationen. Dennoch fand ich es wesentlich interessanter, meine wenigen Groschen in einen Automaten zu stecken. automat Der „Beste“ hing ein Stück weiter auf der anderen Straßenseite (s.Bild). Das Drehen an den großen Knöpfen, bis die gewünschte Süßigkeit über dem Auswurfschacht lag, fand ich ganz toll.

Heute, nach über vier Jahrzehnten, erkenne ich die „City“ von Süderbrarup kaum wieder. Supermärkte und Discounter haben die kleineren Geschäfte verdrängt. Der Charme der sechziger Jahre ist verflogen, und dennoch ist es ein liebenswerter Ort geblieben.

Hartmut Stäcker (früher Boren)

 

admin:

Der von Hartmut erwähnte Kiosk in der Großen Straße gehörte Karl Weiß. Dort konnte man im Sommer Eis für 10 Pfennige je Kugel kaufen, wobei die Auswahl an Eissorten auf maximal zwei beschränkt war – meisten Schoko und Vanille. Zur Eiszubereitung hatte Herr Weiß ein für uns Kinder damals interessantes Gerät gut sichtbar hinter der großen Glasscheibe installiert. In einem großen schüsselförmigen Gerät hielt ein elektrisch betriebener Rührer die Eismasse ständig in Bewegung, so dass Weiß die Kugeln geschickt zwischen den drehenden Rührflügeln herausfischen musste.

Entgegen Hartmuts Meinung gab es in diesem Kiosk aber auch Zigaretten und Alkohol. Anfang der sechziger Jahre konnte man dort sogar noch Zigaretten einzeln erwerben. Später wurde der Kiosk erweitert (so wie auf dem Foto dargestellt), so dass man drinnen sitzen konnte, um eine Brause oder ein Bier zu trinken. Neben dem Kiosk befand sich damals ein Parkplatz. Beides musste später dem Neubau von Kloppenburg Platz machen.

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