Viele Jahre war es für die älteren Süderbraruper ein vertrautes Bild, wenn man die damalige Ulmenstraße (heute Raiffeisenstraße) von der Schleswiger Straße kommend herunterging: der Blick fiel auf das verklinkerte Bürogebäude des Landwirtschaftlichen Bezugsvereins, das sich quer zum Straßenverlauf erstreckte.
Doch das stetige Wachstum dieser alten Süderbraruper Firma forderte ihren Tribut. Irgendwann war das alte Verwaltungsgebäude zu klein und musste einem Neubau weichen. Helmut Pawlowski, langjähriger Mitarbeiter des Bezugsvereins, hat den Abriss des alten Klinkerbaus in einem Schmalfilm festgehalten, den wir hier präsentieren.
Heute ist nicht nur das alte Bürogebäude, sondern auch der Bezugsverein selbst von der Bildfläche verschwunden. Für den interessierten Leser hier noch einmal eine tabellarische Aufstellung zur Geschichte des Bezugsvereins:
Geschichte des Landwirtschaftlichen Bezugsvereins Süderbrarup im Überblick
(Quellen: Süderbrarup-Chroniken, pdf-Datei team AG Zeitliste)
Jahr | Ereignis |
---|---|
1919 | 36 Landwirte aus Süderbrarup und Umgebung gründen am 27. August den Bezugsverein als Genossenschaft |
1930 | Das heutige Betriebsgelände (ehemalige Flachsfabrik) wird erworben |
1933 | Verbindungsstraße zur damaligen Herbergstraße und Anschlussgleis zur Bahn wird gebaut |
1946 | Karl Heinz Ohm wird Geschäftsführer des Bezugsvereins |
1952 | Das alte Bürogebäude wird dem Lagerschuppen vorgebaut |
1957 | Der erste 600-t-Getreidesilo mit Trocknungsanlage wird errichtet |
1958 | Übernahme des Warengeschäfts der Spar- und Darlehnskasse Faulück |
1960 | Weiterer 1.000-t-Getreidesilo mit Trocknungsanlage wird gebaut |
1962 | Der Silo III mit 3.000-t Lagerkapazität wird gebaut |
1964 | Übernahme des Warengeschäfts der Spar- und Darlehnskasse Thumby |
1965 | Übernahme des Warengeschäfts der Spar- und Darlehnskasse Schaalby Fusion mit der Kreisgenossenschaft Schleswig |
1966 | Bau einer Halle mit 10.000 t Lagerkapazität |
1967 | Übernahme des Warengeschäfts der Spar- und Darlehnskasse Böelschuby und Tolk |
1968 | Übernahme des Warengeschäfts der Spar- und Darlehnskasse Brodersby und Süderfahrenstedt |
1969 | Die bisherige Ulmenstraße wird auf Antrag des Bezugsvereins in Raiffeisenstraße umbenannt Übernahme des Warengeschäfts der Spar- und Darlehnskasse Norderbrarup und Scheggerott |
1970 | Erste Aktivitäten im Baustoffhandel |
1971 | Übernahme des Warengeschäfts der Spar- und Darlehnskasse Taarstedt und Lindaumühlenholz |
1972 | Übernahme des Warengeschäfts der Spar- und Darlehnskasse Klappholz-Stolk |
1974 | Bruch einer Zellenwand des Silos II und anschließende Sanierung Übernahme der Firmen J. Fr. Carstensen Süderbrarup und L. Müller Böelschuby |
1975 | Futtermittelwerk, Saatensilo und Beizabsackstation werden errichtet |
1978 | Bau einer Komponentenhalle mit 7.000 t Lagerkapazität |
1979 | Abriss des alten, zu klein gewordenen Bürogebäudes und Errichtung eines doppelstöckigen Neubaus an gleicher Stelle Geschäftsführer Karl Heinz Ohm wird mit der Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet |
1981 | Bau eines Palettenlagers |
1982 | Fusion mit der Raiffeisen Ein- und Verkauf eG Gelting |
1984 | Übernahme des Warengeschäfts der Raiffeisenbank Ulsnis eG |
1985 | Hans Detlef Jensen wird als Nachfolger von Karl Heinz Ohm neuer Vorstand (Geschäftsführer) Am 13.12. werden die im Jahre 1975 erstellte Mischfutteranlage, die 1957 erbaute Siloanlage für Saaten und Getreidetrocknung sowie andere Betriebsteile durch ein Großfeuer vernichtet. Gesamtschadenssumme 8,9 Mio. DM |
1986/87 | Wiederaufbau von Futtermittelwerk, Saatenanlage und Absackstation |
1988 | Übernahme der Firma Schmidt-Holländer Saustrup |
1989 | Übernahme des Warengeschäfts der Raiffeisenbank Nordangeln eG Sterup |
1990 | Fusion mit der Raiffeisen Bezugsverein eG Langballig |
1992 | Bau eines Dünger- und Getreidelagerplatzes |
1994 | Kauf des ehemaligen Geländes der Thorsberg-Kaserne |
1995 | Eröffnung des Baumarktes, Baustoffhandels und der Tankstelle auf dem neuen Gelände in Süderbrarup |
1996 | Bau einer Lagerhalle mit 12.000 t Kapazität |
1999 | Dr. Heinrich Rohling übernimmt die Geschäftsführung von Hans Detlef Jensen Eröffnung des Baustoffhandels in Langballig |
2000 | Bau einer Getreide-/Rapssaat-Lagerhalle mit 32.000 t Kapazität |
2001 | Fusion mit der team AG Damit endet nach 82 Jahren die eigenständige Geschichte des Landwirtschaftlichen Bezugsvereins Süderbrarup |
Eine tolle Erinnerung. Vielen Dank, Herr Pawlowski!
Ich bin der Enkel von Karl-Heinz- und Christine Ohm, und kann mich noch gut an das alte Bürogebäude erinnern.
Opas Büro befand sich die Tresentüre geradeaus (daneben war, glaube ich ein Konferenzraum). Sie saßen, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, mit meinen Großonkel Werner (Haman) zusammen in einem Büro die Tresentüre rein 2x rechts den ganzen Tresen auf der Innenseite entlang geradeaus!?
Opa hat viel von Ihnen gehalten, daß weiß ich noch.
Toller Film!
In dem abgerissenen Bürogebäude habe ich drei Jahre meine Lehre absolviert. Ich finde es schön, dass Herr Pawlowski, den ich als sehr freundlichen und kompetenten Menschen kennen gelernt habe, diese „alte“ Zeit in gewisser Weise dokumentiert und für die interessierte Nachwelt erhalten hat. Damit wurde ein Stück Geschichte Süderbrarups festgehalten
In dem alten Bürogebäude hatte ich noch mein Vorstellungsgespräch als Azubi zum Kaufmann im Groß- und Aussenhandel. Als meine Ausbildungszeit begann, war das Büro allerdings schon weg. Ich saß glaube ich noch ganz kurz irgendwo in dem Bürocontainer. An den Umzug ins neue Büro kann ich mich aber noch gut erinnern. Das war damals top.
Als emsiger internetuser ist der heutige Tag echt ein highlight. Der Film ist Klasse. Herrn Pawlowski kenne ich natürlich noch. Er saß in einem Büro mit Herrn Hamann. Frau Pawlowski hat uns während der Getreidernte abends immer Schnittchen gemacht.
Ende 1982 habe ich das Unternehmen dann verlassen.
Hallo Tiko,
Eins vorweg: Mir fehlt jegliche Beziehung zum „Bezugsverein“ – außer dass mir „B. V.“ auf frühreren LKWs noch irgendwie vertraut vorkommt.
Trotzdem muss ich hier mal meine Begeisterung raus lassen, und zwar über den herrlichen Film von Helmut Pawlowski.
Dass er den Abriss seines ehemaligen Arbeitsplatzes zunächst einmal für sich selbst filmisch dokumentiert hat, ist an sich nichts Besonderes, aber man fühlt durchaus nach, wie diese „Zerstörung“ existentiell empfunden worden sein mag.
Das Bemerkenswerteste an diesem Sechsminutenstreifen ist für einen Außenstehenden allerdings die Vertonung:
Achtmillimeterfilm mit teilweise bildsynchronem Soundtrack (man achte auf die Hammerschläge und den gesprochenen Text beim Einschlagen des Pfahls für das provisorische Büro) sind bereits erwähnenswert, aber die Kombination der Abrissgeräusche und der Musikuntermalung ist einfach unschlagbar gut.
Da ist einerseits das die Existenz vernichtende Ungetüm von Bagger, der bei dieser Vertonung jedem frühen Film-Godzilla locker das Wasser reichen kann (wurde da eine defekte Klospülung draufgelegt? – egal: genial bleibt genial) und andererseits diese herrlich entspannende Hammondorgel-Partymusik (die ich so hasse und die besonders hier so völlig fehl am Platz ist), die alles wieder in optimistischem Licht erscheinen lässt! Besser kann das Quentin Tarantino auch nicht – außer der Bildqualität … und einigen anderen Aspekten, die einen guten Film ausmachen.
Der Score ist jedenfalls Weltklasse und hätte (inzwischen) irgendwie tatsächlich einen wie auch immer gearteten Oskar mehr als verdient.
Lieber Herr Pawlowski, wenn Sie das hier lesen, seien Sie meiner Versicherung gewiss: Das ist keine Verarschung! Das ist meine Art, meiner ehrlichen Begeisterung Ausdruck zu verleihen – toller Film!
Achim